Jetzt haben wir fahrlässige Tötung:
Autorennen: Unfallopfer erliegt seinen Verletzungen
Wiesbadener Tagblatt vom 29.08.2005
wis. WIESBADEN / BAD SCHWALBACH Keine Chance hat der Fahrer eines Renault Scenic, als zwei junge Türken sich auf dem 1. Ring ein Autorennen liefern. Einer der "Rennfahrer" rammt den Wagen, katapultiert ihn an einen Ampelmast. Der Fahrer des Renault, ein 61-jähriger Mann, ist jetzt, zwei Wochen nach dem Rennen, im Krankenhaus gestorben.
Der 61-jährige Renaultfahrer hatte bei dem Aufprall schwere Kopfverletzungen erlitten. Am Samstag teilte die Polizei mit, der in Hongkong gebürtige Mann sei in einer Wiesbadener Klinik seinen Verletzungen erlegen. Die Ehefrau des Toten und eine weitere, ebenfalls aus Hongkong stammende Frau, die mit im Wagen gesessen hatten, liegen schwer verletzt in der Mainzer Uni-Klinik. Die beiden 55 Jahre alten Frauen werden auf der Intensivstation behandelt, ihr Zustand sei nach wie vor kritisch, so die Polizei.
Die Verursacher des tödlichen Unfalls sitzen in Untersuchungshaft. Sie hatten sich am Freitag, 12. August, nachts auf dem Kaiser-Friedrich-Ring ein illegales Autorennen geliefert. Mit einem Porsche Boxster und einem zehn Jahre alten 7er BMW rasten die beiden jungen Türken über den 1. Ring. Mit Tempo 100 überfuhren sie dabei auch zwei rote Ampeln, bis der BMW an der Einmündung 1. Ring / Moritzstraße dem Renault in die Seite krachte. Die Ampel hatte für den Renault "grün" gezeigt, bestätigen drei Zeugen, die den Zusammenprall beobachteten. Eine der beiden Frauen wurde durch die Wucht des Aufpralls aus dem Auto geschleudert, die andere und den jetzt verstorbenen Fahrer barg die Feuerwehr mit der Rettungsschere aus dem Autowrack.
Den 21-jährigen Kutlu E., der den BMW gelenkt hatte, nahm die Polizei wenige Tage nach dem illegalen Autorennen fest. Der Porschefahrer Gökhan A. stellte sich vor wenigen Tagen (wir berichteten). Die beiden jungen Türken aus Bad Schwalbach sitzen jetzt in Untersuchungshaft, während die Staatsanwaltschaft die Anklage vorbereitet. Der Richter hatte den Haftbefehl wegen Verdunkelungs- und Fluchtgefahr ausgestellt. Immerhin hätte Unfallfahrer Kutlu E. zum Zeitpunkt des illegalen Rennens eigentlich nicht am Steuer eines Autos, sondern in einem vierwöchigen Dauerarrest sitzen müssen. Er hatte die von einem Jugendschöffengericht verhängte Strafe aber nicht angetreten.
Kutlu E. und Gökhan A. sind für Polizei und Gerichte damit keine Unbekannten. Erst vor einem halben Jahr mussten sie sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten - gemeinsam mit einem dritten Täter hatten sie im Wiesbadener Hauptbahnhof zwei Männer zusammengeschlagen. Der einschlägig vorbelastete Gökhan A. erhielt ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung, Türsteher Kutlu E. vier Wochen Arrest.
Die Ermittlungen konzentrierten sich bislang auf Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässige Körperverletzung. Nach dem Ableben des an dem Rennen völlig unbeteiligten Unfallopfers geht es jetzt auch um Totschlag. Mit dem illegalen Rennen, der weit überhöhten Geschwindigkeit und dem Überfahren roter Ampeln hätten Kutlu E. und Gökhan A. zumindest billigend in Kauf genommen, dass Unbeteiligten etwas passieren könnte, sagte Klaus Schulte, der Sprecher der Wiesbadener Staatsanwaltschaft bereits am Tag nach dem illegalen Autorennen.